Radarmessungen im Benediktinerstift Admont
von Rudolf K. Fruhwirth, Gerald Fuchs & Rainer Morawetz
Abstract:
GPR-Prospection in the Benediktinerstift Admont (Styria, Austria)
The Stift Admont, founded in 1074, was for many centuries the religious, cultural and economic centre in northwestern Styria. During this long period many extensions and modifications of the built up area within the monastery occurred. In 1865 a disastrous fire destroyed many of the buildings and a part of them had to be dismantled – so a large open space was left within the manastery; this area, the so-called Rosarium, is used as a park and was recently modificated. The new layout of the garden should indicate the place of the historic buildings.
The task was to locate the foundations of the dismantled buildings, which are shown in some old plan and drawings. By means of Ground Penetrating Radar (GPR) the areas were investigated, where foundations were supposed. The measurements were carried out in a 1 x 1 m grid, which resulted in 352 GPR-profiles with a total length of 5.826 m. A SIR-2 (GSSI) equipment with a 400 MHz antenna was used. After data processing (cf. report Flavia Solva) a series of time slices for different depths was calculated.
The archaeological interpretation of data was successful in detecting a nearly complete ground plan of the massive foundations. In several parts walls were located, which continue outside of the measured area and are not indicated in the old plans. These results could be proved afterwards by direct observation. During construction works a trench was dug across the southern part of the area, cutting several foundations and providing information on the subsurface conditions and stratigraphy.
Einführung

Stift Admont, Kupferstich von G.M. Vischer,
ca. 1680. (Zum Vergrößern auf Bild klicken)

Stift Admont, alter Plan mit Darstellung
der abgetragenen Gebäudeteile.
(Zum Vergrößern auf Bild klicken)
Die Geschichte des Stiftes Admont spiegelt sich auch in der intensiven baulichen Umgestaltung und Veränderung der Anlage wieder. In alten Plänen und Ansichten sind mehrere Gebäudetrakte dargestellt, die nach dem verheerenden Brand von 1865 abgetragen worden sind (Abb. 1, 2). Sie liegen im Areal des heutigen Rosariums, das gestaltet worden ist.
Im Auftrag der Bauabteilung des Benediktinerstiftes Admont (Baumeister DI Lambert Gahbauer) wurden Radarmessungen vorgenommen, um die Fundamente der abgetragenen Gebäude zu lokalisieren. Es war geplant, die Ergebnisse teilweise in der Planung zu berücksichtigen und allenfalls kleinere Abschnitte freizulegen. Die Untersuchung konzentrierte sich auf jene Bereiche, in denen Gebäudereste erwartet werden konnten (Abb. 2): Der Alte Konvent und der Nordteil des Südhof-Osttraktes bestanden bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert wurde der Alte Konvent umgebaut, der Südhof-Osttrakt nach Süden hin erweitert und der Apothekertrakt und Gasttrakt neu errichtet.
Das Bodenradar

Abb. 3.: Zeitscheibe für den
Tiefenbereich ca. 1,22 bis 1,36 m.
Allgemeines
Die Erforschung der elektromagnetischen Wellen zum Zwecke der Informationsübertragung begann in den 20-er Jahren dieses Jahrhunderts. Im Zuge des 2. Weltkrieges wurde von der US Navy der Begriff RADAR (RAdio Detection And Ranging) geprägt. Ziel der damals militärischen Forschung und Entwicklung war die Konstruktion von Geräten zur Ortung und Entfernungsbestimmung von Flugobjekten und Schiffen. Die Nutzung von Radarsystemen für geophysikalische Zwecke begann in den 50-er Jahren. Ende der 60-er und Anfang der 70-er Jahre erfolgte die Entwicklung von Prototypen von Radarsystemen zur hochauflösenden Untersuchung des Untergrundes. Viele dieser durchaus unterschiedlichen Entwicklungsansätze werden heute unter dem Begriff Ground Penetrating Radar (GPR) zusammengefasst.
Prinzip
Das Prinzip des Bodenradars ist ähnlich jenem klassischen Radar, welches zur Ortung von Flugzeugen etc. seit Jahren verwendet wird. Hochfrequente elektromagnetische Wellen werden in den Untergrund gesendet. Diese breiten sich sphärisch aus und werden an den Grenzen unterschiedlicher Materialien teilweise reflektiert und teilweise transmittiert. Die Größe des reflektierten Anteils ist vom Materialunterschied abhängig. Je größer dieser Unterschied ist, umso größer ist der reflektierte Wellenanteil. Die Summe aller reflektierten Wellen wird von der Empfangsantenne wieder aufgenommen und an die Kontrolleinheit weitergeleitet. Von dieser werden die Daten nach entsprechender Verarbeitung (Verstärkung, Filterung, Digitalisierung, ...) an die Speichereinheit weitergeleitet.
Grenzen
Die momentanen Grenzen der Radarmethode aus praktischer Sicht werden hauptsächlich durch die sogenannte Eindringtiefe vorgegeben. Diese ist definiert als diejenige Tiefe, in welcher ein Objekt oder eine Struktur mittels Bodenradar im Sinne der Aufgabenstellung noch erkannt werden kann. Sie ist vor allem abhängig von der elektrischen Leitfähigkeit des Untergrundes. Je höher dessen Leitfähigkeit, Ton- und Wassergehalt ist, umso geringer ist die erzielbare Eindringtiefe. Mit zunehmender Antennenfrequenz sinkt die Eindringtiefe ebenfalls. In der Praxis bereiten vor allem feuchte, tonführende Schichten und Meerwasser Probleme.
Feldmessung
Das Messgebiet im Rosarium des Stiftes mit einer Größe von (brutto) 92 x 78 m ist nach archäologischen Gesichtspunkten festgelegt worden. Markante Eckpunkte des Messgebietes wurden markiert und bezeichnet, die Einführung eines lokalen Koordinatensystems (x/y) vereinfachte den Feldbetrieb. Die x-Richtung wurde dabei parallel zur westlichen Begrenzungsmauer (~N-S) und analog die y-Richtung senkrecht dazu (~E-W) definiert. Das Messgebiet wurde aufgrund seiner besonderen Form in 8 Quadranten eingeteilt, die Feldmessungen mit einem Impulsradar vom Typ SIR-2 durchgeführt. Dieses Gerät wird netzunabhängig mit Batterie betrieben, besitzt ein Farbdisplay zur sofortigen Darstellung und somit Kontrolle der registrierten Daten und erlaubt die digitale Speicherung der Daten zur weiteren Verarbeitung. Die Antenne ist über ein ca. 30 m langes Kabel mit der Kontrolleinheit verbunden.
Eine Radarmessung erfolgt in der Regel in Profilform, die Profile wurden rasterförmig bei einem Abstand von jeweils 1 m zueinander aufgenommen. Um durch die Zeittaktung des Radarsystems bedingte laterale Positionierungsfehler auszugleichen – die Radarantenne wird meist mit annähernd Schrittgeschwindigkeit über das jeweilige Profil gezogen – sind an vordefinierten Positionen im Profil (2 m Intervall) sogenannte Marker gesetzt worden, welche im weiteren bei der Datenverarbeitung die laterale Fehlerkorrektur erlauben.
Bei der Messung konnte mit einer Antenne mit 400 MHz Mittenfrequenz das optimale Verhältnis von Eindringtiefe und Auflösungsvermögen erzielt werden. Insgesamt sind 352 Radarprofile mit einer Gesamtlänge von 5.826 m aufgenommen worden. Die aufgenommenen Profildaten benötigen insgesamt 381 Megabyte an Speicherkapazität.
Datenverarbeitung
Die Datenverarbeitung erfolgt auf PC mit einem eigens für die Verarbeitung von Bodenradardaten erstellten Programm. Je nach Aufgabenstellung und Datenmaterial kommen unterschiedlichste Prozesse zur Anwendung. Bei der Nutz-/Störsignalverbesserung wie z.B. der digitalen Filterung kommen Algorithmen der digitalen Signalverarbeitung zur Anwendung, bei der Tiefenumrechnung werden Routinen von der einfachen linearen Transformation bis hin zu komplexen Migrationsalgorithmen verwendet. Die Bestimmung der elektromagnetischen Wellengeschwindigkeit erfolgt meist interaktiv unter Einbeziehung der geometrischen Verhältnisse bei der Feldmessung.
Das erste Ergebnis der Datenverarbeitung ist ein Radargramm welches in etwa einen Vertikalschnitt des Untergrundes entlang des jeweiligen Messprofils darstellt. In einem solchen Radargramm lassen sich Strukturen und Objekte in unterschiedlichen Tiefen an deren exakter Position erkennen. Aus mehreren Radargrammen kann man im weiteren sogenannte Zeitscheiben – welche einen horizontalen Schnitt im Untergrund in einer bestimmten Tiefe widerspiegeln – errechnen. In diesen Zeitscheiben sind dann Strukturen wie sie z.B. von Fundamentresten hervorgerufen werden sehr gut zu erkennen.
Abb. 3.: Zeitscheibe für den Tiefenbereich ca. 1,22 bis 1,36 m.
Archäologische Interpretation

Abb. 5: Radargramm Q1FIL068

Abb. 4: Radargramm Q1FIL237
In einem mehrstufigen Prozess wurden die Zeitscheiben (vgl. Time Slice, Abb. 3) und Radargramme (vgl. Abb. 4 - 5) eingehend analysiert. Ziel der Auswertung ist es, die Anomalien (= Abweichung von einem „Normalzustand") zu deuten und künstlich geschaffene Strukturen, wie z.B. Mauerzüge, Gruben, Gräben, Hohlräume etc. zu erkennen. Die interpretierten Ergebnisse werden in Grundrissplänen dargestellt, so dass die Zusammenhänge anschaulich dargestellt werden können. Die Objekte lassen sich nach ihrer exakten Position und Tiefenlage feststellen, auch wenn sie einander überlagern.
Im Gegensatz zur Datenerfassung ist die Interpretation ein weiter führender Schritt, der immer eine subjektive Komponente enthält – es geht schließlich um die Deutung der vorhandenen Anomalien, das Erkennen von Zusammenhängen und die Unterscheidung verschiedenartiger Objekte. In günstigen Fällen können komplette Gebäudegrundrisse erschlossen werden – ohne einen einzigen Spatenstich. Das Endergebnis ist ein Plan, in dem die Gebäudefundamente und alle wichtigen Befunde dargestellt sind.
Ergebnisse
Die archäologisch interessanten Strukturen liegen überwiegend im Tiefenbereich bis 2 m, fallweise reichen sie weiter hinab. Ältere Geländeoberflächen sind an mehreren Stellen in ca. 0,7 m bzw. 1,2 m Tiefe beobachten, wobei die untere eine natürlich entstandene Oberfläche darstellen dürfte.
In allen Bereichen des Messgebietes treten deutliche (positive) lineare Anomalien auf, die zueinander im rechten Winkel stehen und insgesamt den komplexen Grundriss eines Baukörpers ergeben (Abb. 6). Nach Lage und Orientierung handelt es sich zweifellos um die Fundamente der in alten Plänen und Ansichten dargestellten Gebäudetrakte. Teilweise reichen die Mauerzüge über die Grenzen des Messgebietes hinaus.
Die Maueroberkanten liegen meist in 0,3 bis 0,6 m Tiefe, die Mauerstärken betragen bis über 1,0 m. Neben den Fundamenten zeigen sich öfters rechteckig abgegrenzte Flächen, die durch deutliche Reflexionen gekennzeichnet sind – es kann sich um Ansammlungen von Bauschutt, massive Pflasterungen oder Flächenfundamente handeln. Im Süden und Südwesten zeigen die Zeitscheiben lineare Strukturen, die eine Fortsetzung der Baukörper zeigen. Der Kontrast zwischen Fundamenten und umgebendem Boden ist dort aber so gering, dass teilweise keine zusammenhängenden Mauerzüge zu erkennen sind.
Im Nordwesten und nahe der Mitte des Messgebietes befinden sich zwei markante Objekte, die wahrscheinlich als Brunnen zu deuten sind. Sie weisen einen Innendurchmesser von ca. 2,0 m auf, sind im Grundriss eher kreisförmig, von Mauerwerk eingefasst und reichen tiefer als 3,2 m (Abb. 4).
Ein Vergleich der Ergebnisse mit den alten Plänen zeigt eine gute Übereinstimmung. Die Lage der Gebäudetrakte konnte durch die Messungen bestätigt werden, in größeren Abschnitten entsprechen einander die Grundriss-Strukturen, abgesehen von einigen Details. Mehrere Mauerzüge setzen sich anscheinend außerhalb des Messgebietes fort – diese sind in den alten Plänen nicht dargestellt.
Bei einer Beobachtung von Bodenaufschlüssen im Westen des Rosariums konnten die Ergebnisse während der Bauarbeiten überprüft werden. Die Befunde bestätigten die Interpretation der Radardaten und ließen weitere Einzelheiten über den Aufbau des Bodens erkennen.
Abb. 6: Interpretation der Messergebnisse, (Zum Vergrößern bitte anklicken)
Anschrift der Verfasser:
DI Dr. Rudolf K. Fruhwirth
Joanneum Research, Institut für Angewandte Geophysik
Roseggerstr. 17, A-8700 Leoben
Tel. +43-3842-47060-2236
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.joanneum.at
Ing. Rainer Morawetz
Joanneum Research, Institut für Angewandte Geophysik
Roseggerstr. 17, A-8700 Leoben
Tel. +43-3842-47060-2261
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Dr. Gerald Fuchs, ARGIS Archäologie Service
A – 8114 Kleinstübing 56
Tel. +43-3127-28633
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