Fürstensitz – Keltenstadt Sandberg
DR. VERONIKA HOLZER ©
WISSENSCHAFTLICHE PROJEKTLEITUNG
Dr. Veronika Holzer
Prähistorische Abteilung / Naturhistorisches Museum Wien
Burgring 7, 1014 Wien
Telefon und Fax: ++43 (01) 52177/281
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PROJEKTTRÄGER
Verein "Forum Platt" - archäologisch historische Initiative
Obmann: Ök.Rat Josef Pfeifer, 2051 Platt 22
Finanzierung durch die Gemeinden Sitzendorf an der Schmida und Zellerndorf, das Naturhistorische Museum Wien, das Kunsthistorische Museum, das Land Niederösterreich und weitere Sponsoren
Abstract:
Known for more than hundred years, Roseldorf/Sandberg, the largest Celtic lowland settlement of Austria, with an own mint and the richest Austrian Celtic coin assemblage, is located in the north-western part of Lower Austria. The numismatic analysis (more than eight hundred coins) of the surface finds were the only scientific studies in Roseldorf until the Department of Prehistory of the Natural History Museum in Vienna started the research-project "Fürstensitz-Keltenstadt" Sandberg in 1995. After geomagnetic prospections (1995 – 2000), the first archaeological excavation was realized in summer 2001. A real sensation was discovered in the following years with the Celtic sanctuary having many parallels (depositions of destroyed weapons and animal victims) to the Gallic ritual sites in France.
Einleitung
Bekannt ist die latènezeitliche Ansiedlung aufgrund zahlreicher Altfunde wie Gürtelhaken, Glasfragmente, Keramik usw., vor allem aber wegen der vielen Gold- und Silbermünzen seit mehr als hundert Jahren. Im Jahre 1887 wurde ein keltisches Goldmünzchen vom Wiener Münzkabinett erworben, das mit großer Wahrscheinlichkeit aus Roseldorf stammt. Im Jahr 1932 wurden einige Funde, darunter der bekannte eiserne Gürtelhaken, dessen zeichnerische Umgestaltung das Logo zum Projekt bildet, auf dem Sandberg in Roseldorf gefunden, die 1935 von der Prähistorischen Abteilung des NHM angekauft wurden. Bis heute werden sie in der Schausammlung der Prähistorischen Abteilung der Öffentlichkeit präsentiert. In den Fundberichten aus Österreichs wurde laufend über Oberflächenfunde aus Roseldorf berichtet. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Tüpfelplattenfund aus dem Jahr 1975 zu, durch welchen am Sandberg eine eigene Münzprägung nachgewiesen ist. Bei dieser Tüpfelplatte handelt es sich um ein zur Schrötlingsform umfunktioniertes Gefäßbruchstück aus Grapitton, welches eine kleine muldenförmige Vertiefung aufweist, in der Goldschmelz ausgegossen wurde. Die zahlreichen Münzfunde lockten allerdings auch Raubgräber und Sammler auf die Fundstelle, die ihre dort gesammelten Münzen auf Flohmärkten und auch ins Ausland verkauften, wodurch der Wissenschaft nicht nur bedeutende Funde, sondern vor allem auch wichtige Erkenntnisse verloren gingen. Dieser Umstand bewog das Bundesdenkmalamt, die Fundstelle im Jahr 1991 unter Schutz zu stellen. Bedauerlicherweise lassen sich manche Raubgräber auch weiterhin nicht davon abhalten, illegal mit Metallsuchgeräten die Fundstelle nach Münzen und anderen Funden abzusuchen. Aufgrund der bisher bekannten Oberflächenfunde lässt sich chronologisch gesehen auf dem Sandberg eine kontinuierliche Besiedlung vom Beginn der Latènezeit (Gürtelhaken LT A) bis hin zur Spätlatènezeit (Bruchstücke von Nauheimer Fibeln und Feinkammstrichware mit gekreuzter Kammstrichführung) nachweisen.
Diese Altfunde und die Gefährdung der Fundstelle trotz Denkmalschutz gaben den Anlass, im Jahr 1995 ein Forschungsprojekt mit dem Titel: „Fürstensitz-Keltenstadt" Sandberg seitens der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien unter der Leitung von V. Holzer ins Leben zu rufen. Für archäologische Ausgrabungen fehlten jedoch vorerst die finanziellen Mittel. Die Wissenschaft war dennoch nicht untätig und leistete bereits Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts beträchtliche Arbeiten im Vorfeld zu diesem Projekt. So wurden die bisherigen der Wissenschaft zugänglichen Münzfunde (ca. 800 Stück) im Münzkabinett des KHM katalogisiert und wissenschaftlich bearbeitet (G. Dembski). Im Auftrag der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums wurden in den Jahren 1995 - 1998 geomagnetische Prospektionsmessungen von der ZAMG ArcheoProspections durchgeführt, die in den Jahren 1999 und 2000 mit Hilfe der Finanzierung des Vereins „Forum Platt" und Unterstützung des Landes Niederösterreich vorerst abgeschlossen werden konnten. Erst durch die finanzielle Kooperation der Gemeinden Sitzendorf (Bürgermeister Ing. Leopold Hummer) und Zellerndorf (Bürgermeister Wilhelm Ostap), dem Verein Forum Platt (Obmann Ök.Rat Josef Pfeifer), dem Kunsthistorischen Museum (Univ.Prof. Dr. Günter Dembski) und dem Naturhistorischen Museum (Dr. Anton Kern) waren Grabungen im Jahr 2001 möglich. Die Situation änderte sich auch im Folgejahr 2002 nicht. Im Jahr 2003 fand unser Projekt erfreulicherweise noch einen weiteren Sponsor durch den Verein der Freunde des NHM. Im Jahr 2004 kamen weitere Sponsoren mit der Telekom Austria, der OMV und der NÖ Versicherung dazu.
Magnetische Prospektion
Bisher wurde eine Fläche von insgesamt ca. 22 Hektar magnetisch prospektiert. Das Messergebnis war sensationell. Zu den zahlreichen, durch die Prospektion sichtbar gemachten Befunden zählen vor allem 449 Grubenhäuser. Der Größe der Grundflächen der einzelnen Gebäude nach konnten drei Gruppen herausgearbeitet werden. Ihre Orientierung ist großteils West-Ost, aber auch Nord-Süd ausgerichtet. In einigen Fällen zeigten die Messungen auch das Vorhandensein von Öfen in den Grubenbauten. Überschneidungen von Grubenhäusern deuten darauf hin, dass mehrere Siedlungsphasen vorliegen. Neben diesen Grubenhäusern treten große, kompliziert zusammen gesetzte Anomalien in der Messfläche auf, hierbei könnte es sich um Reste von größeren Gebäuden handeln. Weiters konnten vermutliche Schwellenbauten und Reste von Ständerbauten festgestellt werden. Neben diesen Gebäudestrukturen lassen sich auch sämtliche Siedlungsgruben unterschiedlicher Größen erkennen. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass aufgrund des Prospektionsergebnisses vom Jahr 1997 die Siedlung erstmals nach Süden durch einen 2 - 3 m breiten Sohlgraben, stellenweise laufen zwei Gräbchen parallel, abgegrenzt werden kann. Es ist deutlich erkennbar, dass südlich seines Verlaufes keine archäologisch relevanten Anomalien mehr auftreten. Besondere Aufmerksamkeit erregten auch vier quadratische Einfriedungen mit bis zu 20 x 20 m Seitenlänge.
Grabungen

Abb. 2: Untersuchung der Grabenanlage
(ARGIS 2002)
Die ersten archäologischen Ausgrabungen im Jahr 2001 fanden im westlichen Siedlungsbereich statt. Ergebnis dieser Grabung waren drei eingetiefte Häuser (davon ein Getreidespeicher in Blockbauweise), zwei Backhäuser, drei Siedlungsgruben, eine Schmiede und andere kleinere Befunde. Nach diesen großartigen Ergebnissen wurde in den Jahren 2002 und 2003 ein weiterer Teil der keltischen Siedlung „Sandberg" ausgegraben und wissenschaftlich untersucht. Ziel dieser Ausgrabungen war die Untersuchung der größten der vier quadratischen Grabenanlagen am östlichen Rand der Siedlung, dem Heiligtum vom Sandberg. Das Grabungsobjekt befand sich auf der Parzelle Nr. 1484. Der Grundeigentümer, Franz Greil, ermöglichte durch seine Zustimmung die archäologischen Untersuchungen.
Die örtliche technische Grabungsleitung übernahm ab 2002 G. Fuchs, Firma ARGIS Archäologie Service OEG, Kleinstübing / Stmk. Die Grabung wurde nach der Harris -Schichtgrabungsmethode durchgeführt und durch die Dokumentation von Profilen ergänzt. Alle Schichtgrenzen, Schichtoberflächen und Profile wurden dokumentiert. Einfache Befunde wurden digital gemessen, komplexere Detailbefunde fotogrammetrisch, z T. auch analog, aufgenommen. Die Funde wurden dreidimensional eingemessen und einzeln entnommen. Die Grabungsmannschaft setzte sich aus Studenten verschiedener archäologischer Fachrichtungen der Universitäten Wien und Graz zusammen (Abb. 2). Im Pfarrhof von Platt war nicht nur die Grabungsmannschaft einquartiert, sondern dort befand sich auch das Funddepot.
Die Bedeutung des Heiligtums am Sandberg für die Keltenforschung

Abb. 3: Rekonstruktion des Heiligtums
von Gournay-sur-Aronde,
Frankreich 2. Jh. vor Chr., nach J. C. Golvin
Die quadratische Form, ihre Größe und die Orientierung nach den Himmelsrichtungen mit einem Eingangsbereich im Osten Richtung aufgehender Sonne zeichneten diese archäologische Struktur von Anfang an als etwas Besonderes aus und ließen ein Heiligtum am Sandberg vermuten. Die bereits durchgeführten archäologischen Grabungen 2002 und 2003 untersuchten die quadratische Grabenanlage ca. bis zur Hälfte und ergaben ein sehr umfangreiches Fundmaterial. Das Fundspektrum und die Funddeponierungen im Graben nach vorhergegangener ritueller Zerstörung bestätigten die Annahme eines Heiligtums.
Die Entdeckung des Heiligtums in Gournay-sur-Arronde in Frankreich im Jahr 1975 war der Auslöser zur Erforschung keltischer Heiligtümer des 3. und 2. Jahrhunderts vor Chr. Aufgrund seiner vollständigen Ausgrabung galt es bis heute als das beste Beispiel eines keltischen Kriegerheiligtums und machte uns die Hauptcharakteristika sichtbar (Abb. 3). Trotz der bedeutenden Forschungsfortschritte in den letzten Jahrzehnten blieben dennoch viele Fragen offen. Ein Grund dafür war, dass die Erforschung der Heiligtümer ihren Schwerpunkt vor allem in Frankreich hatte. In Mitteleuropa dagegen wagte man lange Zeit nicht, ähnliche Befunde wie z. B. in Manching als keltische Heiligtümer zu interpretieren. Nach dem damaligen Forschungsstand zeichneten sich zwischen den Kultstätten West- und Mitteleuropas deutliche Unterschiede ab. Im Westen waren Heiligtümer vom sogenannten gallischen Typ durch die frühen Grabungen bereits bekannt, im deutschen und tschechischen Bereich allerdings interpretierte man die spätlatènezeitlichen Viereckschanzen als keltische Heiligtümer, was neuere Erkenntnisse widerlegen.
Dieses verzerrte Bild des Forschungsstandes wurde nun mit der Entdeckung des Heiligtums am Sandberg richtig gestellt. Durch den Beweis seiner Existenz in unserem Raum spielt die Erforschung unseres Heiligtums am Sandberg eine äußerst bedeutende Rolle in der Zukunft der internationalen Keltenforschung. Das Heiligtum am Sandberg ist in Mitteleuropa aufgrund seiner Bauart und guten Erhaltung bis jetzt einzigartig und daher von besonderer Bedeutung für die internationale Keltenforschung. Es ist bisher das einzige dieser Art in Österreich und weist deutliche Ähnlichkeiten mit den relativ gut erforschten keltischen Kultanlagen in Frankreich auf. Übereinstimmungen zeigen sich vor allem in der Form und Größe der Anlage, in der quadratischen Umfriedung des sakralen Bereiches durch einen Graben, möglicherweise in Verbindung mit einer Palisade, und im Zugang durch ein Tor im Osten als „Schwelle" zwischen der profanen Welt und dem heiligen Boden. Weitere Parallelen finden sich im Fundspektrum und in der Tatsache, dass der Graben sekundär zur Aufnahme von Opfergaben oder Opferabfällen diente. Oft ist bei den gallischen Heiligtümern auch eine kultische Deponierung in Gruben festzustellen. Sachopfer wie z. B. Waffentrophäen wurden vor der Deponierung im Graben auf Pfählen zur Schau gestellt. Ähnlich wie in Frankreich wurden auch am Sandberg die blutigen Opfer in der zentralen Opfergrube vollzogen. Unterschiede zu den Heiligtümern in Frankreich zeigen sich entweder in der frühen oder auch kürzeren Nutzungsdauer des Heiligtums am Sandberg . Die gallischen Heiligtümer gehören entweder überhaupt einer späteren Zeit an oder wurden nach einem Hiatus am Ende der Mittellatènezeit in gallorömischer Zeit wieder aufgesucht und mit gallorömischen Umgangstempeln verbaut. Die Kulthandlungen am Sandberg dürften sich nach den bisherigen Untersuchungen auf die späte Frühlatènezeit und Mittellatènezeit (ca. 300 v. bis ca. 150 vor Chr.) beschränkt haben. Eine spätere Wiederaufnahme der Kulthandlungen konnte bis jetzt nicht nachgewiesen werden. Ebenso sind keinerlei Reste oder Spuren einer späteren Überbauung oder Überdachung der Anlage feststellbar, was möglicherweise aber mit der Erosion der oberen Schichten zusammenhängt.
Keltische Kultanlage - Befund
Die nach den Himmelsrichtungen orientierte quadratische Grabenanlage vom Sandberg befindet sich am äußersten östlichen Rande innerhalb des eingegrenzten Siedlungsareals. Nach dem Einmessen und Ausstecken der Grabungsfläche (ca. 680 m 2 ) wurde die Humusschicht mit dem Bagger sorgfältig abgeschoben. Die anschließende Reinigung der abgeschobenen Oberfläche (Abb. 4) zeigte neben anderen Verfärbungen erfreulicherweise die erwartete quadratische Grabenanlage. Es wurde jedoch deutlich, dass der Graben im Süden und Westen nicht exakt begrenzt ist, sondern durch zahlreiche Gruben auf der Außenseite überlagert ist. Die maximale Ausdehnung der gesamten Anlage beträgt demnach 25 x 25 m. Schon auf der Vergrößerung des Magnetikplanes kann man großflächige Störungen im südöstlichen und auch im südwestlichen Eck des Grabens erkennen, welche sich auch auf der ersten Dokumentationsfläche bestätigten. Der Eingang im Osten der Anlage ist nur auf der Magnetik sichtbar, da er im Gelände durch die Störung im Südosten überlagert ist.
Die Fläche der Grabenanlage (Abb. 5) wurde aus praktischen Gründen in 18 kleinere Flächen untergliedert. Die Flächen 2, 3, 4, im Norden und Fläche 18 im Westen wurden schon im Jahr 2002 untersucht und die Flächen 12 und 14 im Süden begonnen. Ziel der zweiten Grabungskampagne war es, mit der Nordwest-Ecke (Fläche 1), der gesamten Westseite (Fläche 16 und 17) und der westlichen Hälfte der Südseite der quadratischen Grabenanlage (Fläche 13, Fertigstellung der Flächen 12 und 14 und Beginn der Fläche 15), die archäologische Untersuchung der Westhälfte der Kultstätte zu komplettieren.

Abb. 6: negativ ausgenommener
Graben in den Flächen 2 und 4
Der Graben ist an der Oberfläche ca. 3 m breit, das Grabenprofil ist trapezförmig bis dreieckig und durchschnittlich einen Meter bis eineinhalb Meter tief (Abb. 6). Es lassen sich mehrere Schichten in der Grabenfüllung erkennen, die nach weiteren Untersuchungen auf die Verfüllungsvorgänge schließen lassen. Zuoberst liegt eine rund 60 cm mächtige lehmige dunkelbraune Einfüllung, an die unterhalb hellere Schichten anschließen, die eine Feinstratigraphie mit wechselnden helleren und dunkleren Bändern aufweisen. Vom Geologen Dr. R. Roetzel (Geologische Bundesanstalt Wien) entnommene Proben sollen dazu weitere Aufschlüsse liefern.

Abb. 7: rechteckige Grube
in der Mitte der Anlage
In der Mitte der Anlage ist eine annähernd rechteckige Grube mit ebener Sohle etwa einen halben Meter in den Boden eingetieft (Abb. 7). Aufgrund des spärlichen Fundmaterials ist eine Interpretation als Opfergrube, die immer wieder säuberlich ausgeräumt worden ist, wahrscheinlich. Die Grube steht somit im funktionellen Zusammenhang mit der Grabenanlage.

Abb. 8: Tierbaue in Fläche 18
An der Außenseite des Grabens im westlichen und südlichen Bereich ist die Anlage durch zahlreiche Tierbaue gestört (Abb 8). Auffallend ist, dass die Innenseiten davon unberührt blieben. Möglicherweise hat eine Palisadenkonstruktion im Inneren des Grabens ein Vordringen der Tiere verhindert. Der Größe nach könnten diese Baue von Dachsen oder Füchsen angelegt worden sein, wahrscheinlich zu der Zeit als der obere Teil des Grabens noch offen stand.

Abb. 9: Nordwest-Ecke des Grabens
(ARGIS 2003)
Die Nordwest-Ecke der Grabenanlage (Fläche 1, Abb. 9) zeichnet sich deutlich konturiert ab und blieb von den außerhalb liegenden Tierbauen unberührt. Der Graben hat in diesem Bereich eine ebene Sohle.

Abb. 10: Graben und Opfergruben
in Fläche 16 und 17 (ARGIS 2003)

Abb. 11: Opfergrube in Fläche 16
(ARGIS 2003)
Anders verhält es sich in den Flächen 16 und 17 an der Westseite (Abb. 10). Dort schneiden Opfergruben (Abb. 11), die zum Teil wie in Fläche 18 durch Tierbaue gestört sind, leicht die Außenkante des Grabens an. Die Grabenkontur ist aber noch gut erkennbar.

Abb. 12: Flächen 12, 13
und 14 (ARGIS 2003)
Am stärksten ist der Zerstörungszustand des Grabens im Süden der Anlage (Abb. 12) in den Flächen 12, 13 und 14, wo sowohl durch Gruben als auch Tierbaue die Außenkante des Grabens bis auf einen minimalen Rest im Osten gänzlich zerstört ist. Hier wurde in späteren Nutzungsphasen des Heiligtums sowohl der Bereich des ursprünglich angelegten Grabens als auch ein Teil der Grubenbereiche als „neuer Graben" genutzt, was durch die oberen Schichtfolgen und deren Funde belegt ist. Aus diesen jüngeren Grabenfüllungen stammt auch der Schwertfund des Jahres 2002. Dass die Baue noch während der Nutzungsphase des Heiligtums angelegt worden sind, konnte durch diese überlagernden Fundschichten eindeutig nachgewiesen werden.

Abb. 13: Abfallgrube in Fläche 15
(ARGIS 2003)
Der einzige in der Grabungssaison 2003 nicht abgeschlossene Sektor ist die Fläche 15 im Bereich der Südwest-Ecke der Anlage. Hier befindet sich der bis jetzt jüngste Befund der Anlage. Es handelt sich dabei um eine äußerst fundreiche Abfallgrube (Abb. 13), die über dem Graben angelegt worden ist. Zu den Funden zählen vor allem Keramik, Tierknochen, weiters Schlacken, Graphit, Hüttenlehm und vieles andere. Aus der fundreichsten Schicht dieser Grube stammt auch unsere bis jetzt einzige eindeutig einer Fundschicht zuordenbare Silbermünze vom Typ Roseldorf II. Die typologische Auswertung und 14 C-Analysen des Fundmaterials werden die erste archäologische Datierung einer Münze in Roseldorf möglich machen. Einen weiteren interessanten Fund aus dieser Grube stellt ein kleines Gusstiegelchen für Feinmetalle dar, das möglicherweise mit der Münzherstellung im Zusammenhang stand.
Funde – Opfergaben
Insgesamt wurden bisher in beiden Grabungsjahren an der Kultstätte 3355 Fundnummern vergeben. Die Funde liegen sowohl einzeln, als auch in Fundkonzentrationen in der Grabenfüllung.
Im Mittelpunkt der keltischen Religion stehen Heiligtümer, deren keltischer Oberbegriff "nemeton" überliefert ist, und das Opferwesen. Bei Heiligtümern handelt es sich um einen Opferplatz, an dem Menschen die Anwesenheit des Göttlichen zu erkennen glaubten und versuchten, auf die Gottheiten durch Opfer (blutige Opfer und Sachopfer) einzuwirken. Die Opfer und Opfergaben werden öffentlich über Jahre oder auch Jahrzehnte zur Schau gestellt und nach dem Akt des Vernichtens, Zerstörens und Unbrauchbarmachens wie Töten, Verbrennen, der Verwesung überlassen, Zerbrechen, Verbiegen, Zerhacken, Verschütten, Zerstreuen usw. im Graben deponiert, wodurch ihr Transfer zur Gottheit erst ermöglicht wird. Vollzogen wurden solche Handlungen meist von den Druiden, die die Philosophen und Gottesgelehrten der Kelten waren. Sie hatten großen Einfluss auf den einzelnen und die Gemeinschaft der Kelten.
Das blutige Opfer

Abb. 14: Halswirbel eines Tieres im Verband

Abb. 15: menschlicher
Oberschenkelknochen (ARGIS 2003)
Im blutigen Opfer wurden sowohl Tiere als auch Menschen getötet. Das Tieropfer hatte im Kult der Kelten eine zentrale Bedeutung. Nach Beispielen aus Frankreich bestanden die Tieropfer aus zwei Teilen, einerseits aus der Opferung eines vollständigen Tieres (Rind oder Pferd) und andrerseits aus dem Opfermahl. Es fand sicherlich ein kompliziertes Opferritual statt, bei dem nur alle paar Jahre ein altes Tier (Ausschussware?) geopfert wurde. Nach seiner Tötung überließ man das Tier als symbolische Götternahrung in einer zentralen Grube der Verwesung. Danach wurde der Schädel ohne Unterkiefer entnommen und möglicherweise am Eingangsportal der Kultstätte befestigt. Den Rest entsorgte man im Umfassungsgraben. Parallel fand vermutlich auf dem freien Platz im Heiligtum das mit der Opferung von vorwiegend Lämmern und Ferkeln, aber auch Rindern und Hunden, verbundene Festmahl statt. Teile der verspeisten Tiere wurden ebenfalls den Göttern dargebracht. Genauere Untersuchungen der sehr zahlreich und gut erhaltenen Tierknochen vom Sandberg (Abb. 14) werden voraussichtlich diese Theorien bestätigen und vielleicht neue interessante Details ergeben.
Auch Menschenopfer waren bei den Kelten keine Seltenheit. Sie wurden von den Griechen und Römern immer wieder angeprangert. Unter den Menschenopfern findet man vorwiegend Verbrecher, die bei einem Vergehen ertappt wurden. Fehlt es jedoch an solchen Leuten, opferte man auch Unschuldige. Berüchtigt wurden die Kelten als Kopfjäger aufgrund ihres Schädelkults. Die Schädel der gefallenen Gegner galten als Trophäen der Krieger. Am Sandberg zählen die nicht mehr im Verband befindlichen und einzeln im Umfassungsgraben gelagerten menschlichen Skelettreste (Abb. 15) eher zu den seltenen Funden. Ihre Bedeutung ist jedoch sehr groß, da sie die Sitte der menschlichen Opferungen beweisen .
Das Sachopfer
Sachopfer stellten meist existentiell wichtige mit Symbolwert behaftete Objekte dar. Wenn der materielle Wert nicht allzu groß ist, entscheidet letztendlich der ideelle Wert. Das Spektrum der Opfergaben war sehr breit. Neben Waffen, Pferdegeschirre, Wagen, Kriegsbeute, Geräten aus Haus und Hof, Metallgeschirr zum Kochen, sowie Schmuck, gab es auch nicht mehr erhaltene, aber schriftlich überlieferte Speiseopfer. Auch Textilien sollen geopfert worden sein. Münzopfer ersetzten vor allem in späterer Zeit durch die Etablierung der Geldwirtschaft Sachgüter unterschiedlichster Art.
Waffen:

Abb. 16: Rekonstruiertes Waffenensemble
(NHM, Photo: A. Schumacher 2002)
Zur üblichen keltischen Waffenausrüstung (Abb. 16) zählen vor allem das Schwert, die Lanze, der Schild, der Bogen mit Pfeilen, die Schleuder, das Messer, der Helm, der Panzer und der Streitwagen. Zu den häufigsten Funden in der Kultanlage am Sandberg zählen die Schwert- und Schwertscheidenbruchstücke. Die Schwerter bestehen aus einer langen geraden Klinge und einer Griffangel. Der Griff selbst war meist aus Holz oder Leder gefertigt. Schwertscheiden wurden absichtlich zerstückelt oder mehrmals verbogen. Selten finden sich in ihrer Länge ganz erhaltene Stücke. Getragen wurden die Schwerter an der rechten Hüfte, sie hängen von eisernen Schwertketten herab. Solche Schwertketten haben entweder rundstabige oder flachgeschlagene Glieder. Weitaus seltener finden sich Lanzenspitzen. Sie haben unterschiedliche Dimensionen und wurden entweder als Wurfspeere oder Stoßlanzen verwendet. Da die Schilde der Latènezeit aus Holz oder Leder gefertigt waren, sind nur mehr die Schildbuckel in mehreren Bruchstücken erhalten.
Wagenteile:

Abb. 17: Wagenteile
(NHM, Photo: A.Schumacher 2002)
Achsnagel, Ösenstifte, große starke Nägel, Nabenringe und andere Objekte gehörten mit Sicherheit einem Wagen (Abb. 17) an. Der Kampfwagen der Kelten war in der Regel zweirädrig, mit einem Wagenlenker und Krieger besetzt. Gezogen wurden sie von zwei Pferden. Neben dem zweirädrigen gab es aber auch den vierrädrigen Wagen.
Pferdegeschirr:

Abb. 18: eiserne Phalere (ARGIS 2003)
Zum Pferdegeschirr gehören Trensen verschiedener Art, Zierscheiben, wir Phaleren, und Riemenverteiler (Abb. 18).
Amulette:

Abb. 19: sternförmiges Amulett
aus Weißbronze
Ergänzend zu den Waffendeponierungen wurden auch Schmuckstücke wie Fibeln und Objekte mit Amulettcharakter (Abb. 19) im Graben gefunden. Solche Amulette werden getragen, um die betreffende Person gegen Unheil in allen möglichen Gestalten zu schützen. Sie werden meistens mit einem Kettchen oder Faden um den Hals gehängt.
Keramik:

Abb. 20: Scherbenlage in Fläche 1
(ARGIS 2003)
Zu den eher seltenen Funden zählt die Keramik (Abb. 20). Nur vereinzelt, dann aber in kleinen Konzentrationen wurden Gefäßbruchstücke im Graben gefunden.

Abb. 21: (links) Schöndorfer beim
Flotieren (V. Holzer 2003)
Abb. 22: (rechts) R. Rötzel bei der
Probenentnahme (ARGIS 2003)
Die überwältigende Menge an Funden kam nach der Grabung zur Restaurierung und weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung in das Naturhistorische Museum nach Wien. Die Tierknochen werden wie schon im Vorjahr von Dr. E. Pucher (I. Zoologische Abteilung des NHM) bestimmt und wissenschaftlich bearbeitet. Die Auswertung der menschlichen Knochenreste wird von der Anthropologischen Abteilung des NHM Wien (Dr. M. Teschler-Nicola) übernommen.
Neben der vor Ort durchgeführten Flotation von Bodenproben (Abb. 21) für botanische Analysen (BOKU- Institut für Botanik, Prof. Dr. M. Kohler-Schneider) wurden auch während der Grabung 2003 wieder Proben (Dr. R. Roetzel - Geologische Bundesanstalt Wien) für Sedimentanalysen und Pollenanalysen aus den Grabenschichten entnommen (Abb. 22).
„Tag der Offenen Tür"

Abb. 23: Besucherstrom am
"Tag der offenen Tür" (ARGIS 2003)
Während der Grabungen findet jährlich an einem Samstag ein "TAG DER OFFENEN TÜR" zwischen 13 und 18 Uhr statt. Dieser Nachmittag ist immer wieder ein außergewöhnlich großer Erfolg. Man schätzt ca. 600 interessierte Besucher aus der ganzen Umgebung (Abb. 23). Die Besucher konnten live die Grabung miterleben und den Studenten bei der Arbeit zusehen. Traditionell wurden die heurigen Funde noch unrestauriert, aber auch schon die ersten restaurierten Funde aus dem Vorjahr präsentiert. Pläne, Vergleichsbeispiele und Fotos von den Funden noch in situ wurden auf drei Pinwänden gezeigt. Zusätzlich gab es Führungen und Erklärungen von der Projektleiterin Dr. V. Holzer unterstützt von ihren Mitarbeitern. Das Interesse der Besucher war außerordentlich groß.
Beliebt bei allen Besuchern ist das Buffet, das von engagierten Freiwilligen beider Gemeinden errichtet und betreut wurde. Es wurden verschiedene Aufstrichbrote, Würstel, Mineralwasser und Weine von den Winzern aus der Umgebung dargeboten. Auf dem Infostand mit Handouts und Broschüren über die Grabungen 2001, 2002 und 2003 wurden wieder T-Shirts mit dem Logo des Projektes (eiserner Gürtelhaken mit Drachenmotiven) verkauft. Der Reinerlös aus dem Verkauf kam dem Projekt zugute.