Archäologische Rettungsgrabungen in Köflach-Pichling (Steiermark)
von Gerald Fuchs
Abstract:
Archaeological Rescue Excavations in Köflach-Pichling (Styria, Austria)
In the Southeast of Köflach (Western Styria) near the village of Pichling a cluster of archaeological sites spreads over several square kilometers. Sites of the Bronce Age and the Roman Period cover a total area of more than 25 hectares situated mainly on the slopes of the valley. The intense cultivation of the land in combination with soil erosion is responsible for the quick decay of sites. In co-operation with the municipal museum of Köflach and the Sites and Monuments Office a series of rescue excavations was carried out by ARGIS in areas of high impact, which were identified by monitoring (field walking) several times a year.
The Roman cemetery (1st/2nd centuries AD) is unique for the region – between 50 and 100 monuments are situated along a local road, 12 of them were excavated. According to the evidence they can be reconstructed as small towers with a square ground plan and a height of at least two meters, built by limestone slabs and blocks. In the interior the cremation remains were deposited. The roof consisted of a wooden construction, covered with gneiss slabs.
The Roman settlement is situated in the vicinity of a spring about 150 m in the South of the cemetery. First investigations in 2000 indicated that its type is different from the Roman villa type, probably it belongs to a more traditional settlement form that is rather abundant, but hardly explored until now in Southeastern Austria. On the opposite side of the small valley another Roman settlement is situated, but the remains may indicate industrial functions connected with the smelting and processing of iron ore (limonite) that was mined from small local deposits.
Early Bronce Age settlements are quite rare until now in Styria. Most of the remains are destroyed to a high degree, but traces of buildings with postholes were detected.
Topografie
In Köflach-Pichling sind durch systematische Begehungen während der letzten 20 Jahre zahlreiche archäologische Fundzonen aus der Bronzezeit und der Römerzeit nachgewiesen worden (Abb. 1). Sie erstrecken sich auf mehr als 25 Hektar und umfassen ausgedehnte bronzezeitliche Siedlungsflächen, zwei römerzeitliche Siedlungsplätze und eine römische Gräberstraße mit frei stehenden Grabbauten. Überdies wurden Hinweise auf eine römerzeitliche Eisenverhüttung festgestellt.
Durch die landwirtschaftliche Nutzung und verstärkte Bodenerosion werden die Relikte großflächig und ziemlich rasch zerstört. Die archäologischen Forschungen hatten daher stets den Charakter von Rettungsgrabungen – es wurden jene Bereiche schwerpunktmäßig untersucht, in denen eine unmittelbare Gefährdung erkennbar war. Die langjährige Zusammenarbeit der Fa. ARGIS Archäologie und Geodaten Service mit dem Museum der Stadt Köflach (Dir. Franz Mayr, Franz Pinteritsch) und mit besonderer Unterstützung der Stadtgemeinde Köflach (Bürgermeister Franz Buchegger) hat bemerkenswerte Ergebnisse erbracht. Zur Finanzierung hat das Bundesdenkmalamt wesentlich beigetragen.
Köflach-Pichling: Lage der archäologischen Fundzonen. Kartengrundlage BEV.
Bronzezeit

Bronzezeitliche Fundkonzentration mit
Keramik und ortsfremden Steinen.
Die (früh)bronzezeitlichen Siedlungsschichten erstrecken sich über viele Hektar. Sie sind teilweise bereits stark gestört. An Baubefunden konnten Pfostenlöcher und Balkengräbchen nachgewiesen werden. Einige Fundkonzentrationen (Abb. 2) mit Keramik und ortsfremden Steinen wurden untersucht. Die zahlreichen Gruben enthalten meist nur wenig archäologisches Material. Das sehr einheitliche Fundmaterial ist gekennzeichnet durch einen überwiegenden Anteil an Grobkeramik (Abb. 3) mit wenigen Verzierungselementen – überwiegend Fingertupfenleisten, seltener Kerbverzierungen, Eindrücken und Knubben. Eine Radiokarbondatierung (Hv 20558) von der Basis einer Fundschicht ergab ein kalibriertes Alter von cal BC 1915 – 1690. Dies ist ein erster Anhaltspunkt für die Absolutdatierung.
Bronzezeitliche Grobkeramik aus Köflach-Pichling.
Römische Gräberstraße

Fundament eines römischen Grabbaus.
Entlang eines lokalen Verkehrsweges, der von der römischen Siedlung nach Nordwesten führt, liegen etwa 50 bis 100 Grabbauten aus dem 1. und 2. Jahrhundert nach Chr., von denen 12 untersucht worden sind. Nach den Grabungsbefunden kann ihr Aussehen weitgehend rekonstruiert werden (Abb. 6). Es handelt sich um quadratische Grabhäuschen von 2,5 bis 3,5 m Seitenlänge, deren Mauern aus Kalkbruchsteinen ohne Mörtelbindung errichtet worden sind. Sie trugen eine hölzerne Dachkonstruktion, die von großen Eisennägeln zusammen gehalten worden ist, das Dach war mit Gneisplatten bedeckt. Im Inneren wurde die Brandschüttung deponiert, neben dem Leichenbrand fanden sich Fragmente mitverbrannter Keramik- und Glasgefäße, Trachtbestandteile wie Fibeln und Gürtelbeschläge, Bronzeziernägel von kleinen Kästchen und selten eine Münze.
Rekonstruktion der Gräberstraße.
Römische Siedlung

Römerzeitliche Siedlungsbefunde in Köflach-Pichling.
Grabung 2000.
Etwa 150 m südlich der Gräberstraße liegt oberhalb einer Quelle eine römerzeitliche Ansiedlung. Die antike Geländeoberfläche war durch ein unregelmäßigeres Relief mit Kuppen und Mulden gekennzeichnet. Im Nordosten sind die römerzeitlichen Fundamente bereits bis auf die unterste Steinlage abgetragen, im Südwesten liegt der römerzeitliche Begehungshorizont teilweise in 0,6 bis 0,7 m Tiefe.
Die mehrphasigen Siedlungsbefunde umfassen Steinfundamente von Holzgebäuden, Pfostenlöcher, eine massive Pflasterung und Siedlungsschichten. Der stratigrafisch älteste Befund – ein mehr als 10 m langer Graben, aus dem das Fragment einer Doppelknopffibel stammt, wird von zwei parallel zu einander verlaufenden Bruchsteinfundamenten unterschiedlicher Zeitstellung überlagert (Abb. 5). Das innere Fundament biegt rechtwinkelig um und begrenzt im Westen eine rund 45 cm mächtige Pflasterung. Das äußere Fundament verläuft geradlinig über die Pflasterung hinweg. Rund 40 m weiter östlich ist eine Siedlungsschicht erhalten, die vermutlich mit dem angrenzenden Holzgebäude in Verbindung steht.
Die Grabungsbefunde und Beobachtungen bei zahlreichen Oberflächenbegehungen geben keine Hinweise auf Gebäude, die einer typischen Villa rustica mit repräsentativem Wohngebäude angehören könnten. Es handelt sich nach der aktuellen Kenntnis eher um einen traditionellen Siedlungstyp, der durch Holzbauten charakterisiert ist. Auf römische Gehöfte und Weiler dieser Art gibt es in der Steiermark relativ viele Hinweise, doch das Typenspektrum, Herkunft und Entwicklung, sowie die wirtschaftlichen Grundlagen sind noch so gut wie unerforscht.
Römerzeitliche Eisenverhüttung
Auf der gegenüber liegenden Talseite befinden sich weitere Siedlungsspuren der Römerzeit, die höchstwahrscheinlich eine gewerbliche Funktion hatten. Eisenschlacke und Erzstücke kommen hier gehäuft in den Siedlungsschichten und Abfallgruben vor. Dies sind erste Hinweise, dass der lokal vorkommende Limonit bereits in der Römerzeit verhüttet worden ist. Die Schmelzplätze sind noch nicht lokalisiert worden, doch sind Schlackenhalden bekannt, die möglicherweise in dieselbe Zeit zu datieren sind.
Literatur
- Chornitzer Victor (1996): Rettungsgrabung in der römischen Gräberstraße von Köflach-Pichling 1994 (VB Voitsberg, Steiermark).
- Fundberichte aus Österreich, 34, 1995, Wien, 195 – 219.
- Fuchs Gerald (1995): Rettungsgrabung auf Parzelle 322/49 der KG Pichling bei Köflach, Steiermark. Mit Beiträgen von V. Hasúek, P. Mitrenga, M. Pacher, W. Postl, R. Tinauer & J. Unger. Fundberichte aus Österreich, 33, 1994, Wien, 109 – 138.
- Fuchs Gerald (1995): Rettungsgrabung in der frühbronzezeitlichen Siedlung auf der Parzelle 214 der KG Pichling bei Köflach, Steiermark. Fundberichte aus Österreich, 33, 1994, Wien, 139 – 160.
- Fuchs Gerald (2000): Römerzeitliche Siedlungsbefunde in Köflach-Pichling. Archäologie Österreichs, 11/2, Wien 2000 [2001], 44 – 45.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Gerald Fuchs, ARGIS Archäologie Service
A – 8114 Kleinstübing 56
Tel. +43-3127-28633
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